Wiederbelebung der k.u.k. Festungen um Štinjan

Wiederbelebung der k.u.k. Festungen um Štinjan

Die Geschichte von Pula ist eine Geschichte von Festungen. Seit der Gründung der Stadt, und diese reicht beinahe 3 000 Jahre zurück, bis hin ins 20. Jahrhundert, haben alle Völker, die sich im Süden der Halbinsel Istrien aufhielten, ihre Festungen, Türme und Burgen, gebaut, um sich vor Invasoren zu verteidigen. Von der Histren, dem namensgebenden illyrischen Stamm, über die Venezianer und schließlich der österreichisch-ungarischen Monarchie die vor 150 Jahren den Bau eines großen Festungssystems, dessen Festung heute Perlen des architektonischen Erbes der Periode darstellen.

Paradoxerweise hat das System nie seinem militärischen Zweck gedient, in keinem der Kriege des 20. Jahrhunderts. Im 21. Jahrhundert hört Pula auf, eine Militärstadt zu sein. Diese Festungen, die der Zahn der Zeit nicht zerstörte, wurden von Vandalen beschädigt oder es wurde Stein und anderes Material als Baustoff abgetragen. In den letzten zwanzig Jahren, seit es de facto keine militärische Überwachung mehr gibt, gab es Initiativen von Vereinen des Zivillebens, die Festungen umzubauen und zu nutzen, in einigen Fällen wurden diese Initiativen auch realisiert.

Das Projekt Adrifort ist Teil des EU-Programms überregionaler Zusammenarbeit an der Adria und widmet sich dem Schutz und der Aufwertung der natürlichen und kulturellen Ressourcen der Länder an der Adria. Im Rahmen dieses Programms kandidierte die Stadt Pula, gemeinsam mit der Universität der Stadt „Juraj Dobrila“ als Partner, die Renovierung und die Neubewertung von fünf Festungen im Bereich des nordwestlichen Vororts Štinjan. Die Festungen und das Gebiet um sie herum würde ein neues kulturelles und touristisches Angebot der Stadt werden.

Der Plan ist, in diesem Bereich Wander-und Radwege sowie Wegweiser und Informationsstellen eizurichten und an der künftigen Verwendungen der Objekte Verbände und Anwohner teilhaben zu lassen. Ins Projekt eingeschlossen sind die Festungen Punta Christo, Monte Grosso und Munide, sowie die zwei Artillerie-Festungen Zonchi und Valmaggiore. Diese Einrichtungen befinden sich auf drei waldigen Hügeln um den Vorort Štinjan, auf über 170 Hektar. Wir stellen hier die genannten Festungen sowie die Pläne zur Wiederbelebung kurz vor.

Punta Christo

Die polygonale Festung Punta Christo ist das größte von Österreich erbaute Küstenfort. Es wurde 1836 erbaut und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erweitert und modernisiert. Es liegt auf einer Höhe von 45 Metern auf dem Kap Proština und es ist äußerste Position der Küste, am Tor zur Bucht von Pula. Die Rolle des Punta Christo war, gemeinsam mit der Festung Muzil und dem Wellenbrecher, Pula von Angriffen vom Westen her zu schützen. Die Festung sollte auch die Einfahrt zum Kanal von Fažana verteidigen.

In den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts, als es die erste Phase des Baus begann, baute man Feldfestungen, danach begann der Bau von sogenannten Martello-Türmen, das Punta Christo bekam seinen im Jahre 1859. Bei diesen Türmen handelt es sich um Rundbauten mit ca. zehn Metern Durchmesser, und mit Öffnungen für Geschütze auf der ersten Etage. Ihr heutiges Aussehen bekam die Festung im Jahre 1883, als sie noch zwei Seitenflügel erhielt.

Das Fort Punt Christo war nun riesig und nahm mehr als einen Hektar ein. Drei Artillerie Batterien waren nun Teil der Festung. Die Festung wurde durch einen tiefen Graben getrennt, und hatte drei geräumige separate Innenhöfe, von denen man zu unterirdischen Kammern der faszinierenden Festung gelangte.

Teilansicht des Punta Christo. Foto: Wikipedia
Teilansicht des Punta Christo. Foto: Wikipedia

Aufgrund seiner Größe und Schönheit, die auch der Zahn der Zeit nicht zerstörte, ist das Fort Punta Christo, wie wir bereits erwähnten, beinahe das einzige Beispiel unter den vielen Objekten eines ähnlichen Typs, das noch „lebt“ oder einem Zwecke dient. In erster Linie ist dies der Verdienst des zivilen Sektors, nämlich den Verbänden „Freunde des Punta Christo“ und „Seasplash“. Das „ Seasplash“ ist ein meist auf Reggae Musik spezialisiertes Festival, das seit 2003 hier abgehalten wird. Die Festung ist heute auch der Veranstaltungsort der großen Elektro-Musik Festivals Outlook und Dimensions.

Monte Grosso

Die Küstenfestung Monte Grosso liegt auf dem gleichnamigen Hügel südlich von Štinjan. Auch hier befindet sich ein Martello-Turm. Der Turm des Monte Grosso hat einen Durchmesser von 45 Metern und ist auch der am besten erhaltene Turm. Wie der Bau der Festung Punta Christo, begann auch der Bau der Monte Grosso in der dritten Dekade des 19. Jahrhunderts, und es wurde ebenfalls später erweitert.

Das Fort Monte Grosso. Foto: www.adrifort-ipa.eu
Das Fort Monte Grosso. Foto: www.adrifort-ipa.eu

Die Festung befindet sich oberhalb der Zonchi Bucht, am selben Ort wo schon zur Bronzezeit eine Festung stand. Mit ihrem Bau wurden die wertvollen Ruinen zerstört. Der Bau des hufeisenförmigen Gebäudes sollte die Bucht von Pula von Angriffen vom Meer aus schützen. Wie alle anderen Festungen auch, diente auch diese nie der Verteidigung. Sie wurde von der k.u.k. Monarchie als Kaserne und als Lager genutzt.

Wie auch große Teile von Pula, wurde die Festung im Zweiten Weltkrieg, im Jahre 1944, Opfer der Bombardierung durch die Alliierten. Die Festung liegt auf 67 Meter Höhe und bietet einen wundervollen Ausblick auf die Bucht von Pula.

Die Festung hat schon seit langem eine Funktion die weder mit dem Militär, noch mit Kulturereignissen, wie die Festung Punta Christo, zu tun hat. Sie wird von den städtischen Wasserwerken als Wasserspeicher genutzt, und wird diesem Zweck wohl auch in Zukunft dienen.

Munide

In Gegensatz zu den beiden in dieser Geschichte genannten Festungen, wird die Festung Munida überhaupt nicht genutzt und ist vollkommen überwuchert. Seit Jahren, besser gesagt seit Dekaden, werden Steine von dieser architektonischen Schönheit abgetragen, und als Baumaterial verwendet. Wegen Verwesung und Einsturzgefahr ist der Zutritt nicht sicher. Diese Festung ist eine der ersten Rundfestungen des Typs „Pulaer Turm“, die einen Durchmesser von 30-45 Metern hatten, und im kurzen Zeitraum von 1852 – 1856 erbaut wurden.

Die Festung Munida wurde 1854 an der Lokalität Žunec, oberhalb des Mulimenti, auf 52 Metern erbaut. Der Durchmesser der Festung beträgt 35 Meter, mittig befindet sich ein Regenwasserspeicher.
Auch dieses Objekt war zu Beginn des Ersten Weltkriegs veraltet, und diente in den Jahren als Kaserne und Lager. Wie auch die Festung Monte Grosso, wurde Munide im Zweiten Weltkrieg bombardiert. In Zukunft ist eine Nutzung als Sport- und Erholungsgebiet geplant.

Valmaggiore

Valmaggiore, Foto: www.adrifort-ipa.eu
Valmaggiore, Foto: www.adrifort-ipa.eu

Auch die Artillerie-Festung Valmaggiore befindet sich in einem schlechten Zustand. Sie liegt ca. 300 Meter von der Festung Monte Grosso entfernt. Es handelt sich um eine polygonale Festung die zwischen 1884 und 1886 gebaut wurde, und nur 10 Meter über Meereshöhe eingegraben liegt. Bestandteile des Objekts sind ein Innenhof, einige Gebäude und ein Tunnel. Die Festung hatte 30 Mörser-Kanonen.

Auch die Valmaggiore erlitt Bombardierung durch Alliierten im Zweiten Weltkrieg, aber der Hauptgrund für den Verfall ist der Zahn der Zeit, oder genauer, die Überwucherung durch die Vegetation. In Zukunft ist eine Nutzung für Erholung und für das Gastgewerbe und den Tourismus vorgesehen.

Zonchi

Das Schicksal der Artillerie-Festung Zonchi ist nicht besser als das vorher beschriebene. Es ist das letzte Objekt der Festungen um Štinjan, die Teil des Adrifort Projekts ist. Die Festung ist seit langem ohne jegliche Funktion, überwuchert und mit Müll überhäuft.

Aber gerade diese kleine Festung wurde im Ersten Weltkrieg in Kriegsoperationen genutzt. Das einsame französische U-Boot Curie versuchte in die Bucht von Pula zu gelangen. Das U-Boot wurde von Punta Christo aus gesichtet, nachdem es ins Minennetz gelangte, und wurde von den Kanonen von Zonchi versenkt.

Die Festung befindet sich am südlichen Kap der Žunac Bucht, unmittelbar am Meer und auf 11 Meter Höhe. Sie wurde im Zuge der ersten Phase der Fortifikation der Stadt Pula, erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, erbaut, und wie die anderen Objekte auch, in der zweiten Haefte des Jahrhunderts und zu Anfang des 20. Jahrhunderts erweitert und modernisiert.

Auch diese Festung blieb von der Bombardierung im Zweiten Weltkrieg nicht verschont, und man kann heute sagen, dass es sich um eines der am meisten devastierten und vernachlässigten Objekte des Fortifikationssystems um Pula handelt. Nach der Renovierung soll die Lokation dem Sport und der Erholung dienen.

Das Projekt Adrifort als Leitbild

Das Adrifort Projekt wurde aufgrund des großen touristischen und kulturellen Potenzials dieses Teils, der nördliche Vorort Štinjan, der Stadt Pula, eingeleitet. Es ist wichtig hervorzuheben, dass es sich um einen eigekerbten Küstenteil handelt, der wegen seiner langjährigen militärischen Nutzung und Unzugänglichkeit, von der Devastierung verschont blieb, und sich, was auch nicht unwichtig ist, genau gegenüber der paradiesischen Brijuni Inseln befindet.

Der Plan ist nämlich, Pulas Festungen nach Jahren des Verfalls, dem Vergessen zu entziehen, vor Verfall zu bewahren, und zu Orten der Kultur, der Unterhaltung, des Sports und der Erholung zu machen. Dieses 170 Hektar große Gelände, würde mit gepflegten Wäldchen, Spazier- und Radwegen sowie Info-Punkten ausgestattet sein. Neben der Besichtigung von Land, könnten die Festungen auch vom Meer aus besichtigt werden. Die Schiffe würden von Pula aus, über Muzil, den Brijuni Inseln, bis nach Štinjan fahren.

Nach der Realisierung des Projekts, welches auch die teilweise Renovierung der Festungen umfasst, würden einige Festungen einem neuen Zwecke zugeführt werden. So soll beispielsweise die größte und eindrucksvollste Festung, die Punta Christo, Sitz des Internationalen Edukations- und Dokumentationszentrums, auf 300 Quadratmetern Fläche, werden. Das Zentrum wird von der Universität „Juraj Dobrila“, gemeinsam mit dem Verein „Freunde des Punta Christo“, geleitet werden. die in diesem Teil von Pula existiert, in der Gegend

Nach beinahe zwei Jahrhunderten seit dem Beginn ihres Baus, wird den Festungen der Stadt Pula zum ersten Mal, im weiteren organisatorischen und materiellen Sinne, neues Leben eingehaucht. Dies bezieht sich zurzeit nur auf die fünf beschriebenen Festungen, aber das Projekt Adrifort könnte auch als Modell für die künftige Planung und Sanierung von zahlreichen anderen österreichisch-ungarischen Festung in der weiteren Umgebung von Pula dienen. Wir bedanken uns bei Matica Adriatica für die Mithilfe bei der Verfassung dieses Artikels.