Der Tourismus in Kroatien bricht dieses Jahr alle Rekorde – doch zu welchem Preis?
2017 ist in Kroatien das Jahr der Tourismusrekorde. Die Marke von 100.000.000 Übernachtungen wurde schon im Oktober des laufenden Jahres erreicht. Mit über 11 Milliarden Euro wird der Tourismus über 20 % des Bruttoinlandsprodukts ausmachen. Die Umsätze von großen Hotellerieunternehmen wachsen zweistellig. In den ersten 11 Monaten des Jahres wurden 18,2 Millionen Ankünfte gezählt, 13 % mehr als 2016. Die Anzahl an Übernachtungen wuchs um 12 %. Die Prognosen für das nächste Jahr sind noch besser.
Es wird in die Erneuerung von Hotels investiert, neue Hotels und Ferienanlagen gebaut, Ferienhäuser und Ferienwohnungen schießen wie Pilze aus dem Boden, auch in ruralen Gebieten und nicht nur in den bekannten Ferienregionen Istrien und Dalmatien. Sogar nahe und in den Nationalparks wird gebaut.
Yachthäfen werden erweitert und es werden neue gebaut. Neue Strände werden mit Kieselstein und Sand aufgeschüttet, damit die Strände so aussehen wie es die Touristen gerne haben möchten. Aus Regionen der Welt in denen der Tourismus dieser Tage nicht blüht werden alte Kähne importiert und zu Ausflugsschiffen umgebaut. Die Betreiber riesiger Kreuzfahrtschiffe steuern immer mehr Ziele entlang der kroatischen Adriaküste an. Es fehlt an Arbeitern in den Branchen Bau und Gastgewerbe, deswegen dürfen die Unternehmen in 2018 über 31.000 ausländische Arbeitnehmer beschäftigen.
Dubrovnik und Nationalpark Plitvicer Seen am Limit
Populäre Reise- und Ausflugsziele des Landes operieren im Jahr der Tourismusrekorde am Limit. Die UNESCO schaut seit Jahren mit Besorgnis auf die Auswirkungen der enormen Besucherzahlen in der geschützten Altstadt von Dubrovnik. Der WWF (World Wide Fund for Nature) und die UNESCO äußerten Besorgnis wegen der übermäßigen touristischen Nutzung (Bau) des Nationalparks Plitvicer Seen und gaben der Regierung diesbezüglich Empfehlungen.
Die UNESCO ernannte die Perlenkette aus Seen und Kaskaden 1979 zu einer der ersten Weltnaturerbe-Stätten. Verantwortliche des Parks und des Tourismusministeriums rühmten sich bis 2015 allerdings immer noch jährlich mit dem einmillionsten Besucher. Dieses Jahr wird der Nationalpark mindestens 1,4 Millionen Besucher empfangen, ums Vierfache mehr als Anfang des Jahrtausends.
Die Zustände im Nationalpark Krka in Dalmatien sind nicht besser, dort unternimmt man allerdings schon Schritte zur Einschränkung der Besucherzahl. Auch weniger bekannte Naturschutzgebiete, wie z.B. das Kap Kamenjak im Süden der Halbinsel Istrien, sind in der Hochsaison im Juli und August überlaufen. Anfang des Jahrtausends besuchten ca. 300.000 Menschen den Nationalpark Plitvicer Seen.
Keine Nachhaltigkeitsstrategie für Kroatien
Die positiven, nicht nur, wirtschaftlichen Effekte der Entwicklung des Tourismus in Kroatien sind natürlich riesig und nicht zu unterschätzen (wie im Beitrag Kommentar zur touristischen Entwicklung Istriens von 1970 bis heute beschrieben), inwieweit bei dieser Entwicklung aber dem Umweltschutz, der Nachhaltigkeit und der Authentizität Kroatiens Rechnung getragen wird ist fraglich.
Mehr als das, im Land wird z.B. Mülltrennung erst ab dem nächsten Jahr Pflicht, ein Kohlekraftwerk in Istrien, das eigentlich vom Netz sollte, wird voraussichtlich noch weitere 20 Jahre in Betrieb bleiben, usw.
Auf nationaler Ebene gibt es zwar eine Strategie zur weiteren Entwicklung des Tourismus in Kroatien, es gibt aber keine Nachhaltigkeitsstrategie und keine offiziellen Studien dazu, welche Auswirkungen das weitere Wachstum auf die Umwelt hat, bzw. wie es um die Nachhaltigkeit der Entwicklung steht.