Der Tourismus in Kroatien boomt schon seit Jahren, insbesondere in der Urlaubsregion Istrien. Auch wenn es, nach dem österreichischen Istrien-Kenner und PR-Profi Wolfgang Neuhuber, zweifellos die eine oder andere zu hinterfragende Tourismus-Entwicklung gibt, sind die positiven Effekte der wachsenden Beliebtheit der größten Adria-Halbinsel unermesslich wertvoll für die einheimische Bevölkerung, bis hinein in kleine, vor nur wenigen Jahren beinahe vergessene und verfallen Dörfer im Hinterland Istriens.
Die Lage vor den Entwicklungen der letzten beiden Dekaden haben wir vor zwei Jahren im Beitrag Kommentar zur touristischen Entwicklung Istriens von 1970 bis heute beschrieben:
Als Istrien nach dem Jugoslawien-Krieg beschloss, anstelle des Massentourismus der 1970-er und 1980-er Jahre nun verstärkt in mehr touristische Qualität zu investieren, war das Hinterland gerade am Aussterben. Die jungen Leute gingen weg, weil sie keine Arbeit fanden, die Landwirtschaft verfiel zusehends, weil sie keine Abnehmer hatte.
… Es waren und sind die Gäste der gehobeneren Hotellerie und Gastronomie, die bereit sind, jene höheren Preise zu bezahlen, die es der Landbevölkerung möglich machen, zu existieren. Das muss man einfach fairer Weise sagen.
Denn dadurch entstanden in den letzten Jahren wieder erstklassige Weingüter und Olivenölproduzenten, bäuerliche Betriebe konnten Agrarflächen rekultivieren, die zuletzt zu Zeiten der österreichisch-ungarischen Monarchie bewirtschaftet worden waren, das vom Aussterben bedrohte Boskarin-Rind weidet nun wieder in Inneristrien, die Kulturszene konnte sich entwickeln und überall war man nun auch in der Lage, historisches Kulturgut aber auch bäuerliche Bautradition zu restaurieren. Erst dadurch konnte das brachliegende Hinterland mit seinen zahlreichen, verfallenen Häusern wieder zu jenem Juwel werden, das es heute ist.
Vor allem aber wurden durch den Tourismus jene wirtschaftliche Lebensgrundlagen geschaffen, die die entscheidenden Voraussetzung für viele junge Kroaten waren, aus allen Teilen Europas wieder nach Hause zurück zu kehren und – sei es an der Küste oder im Hinterland – Arbeit zu finden. Das war existentiell notwendig, um eine völlige Veralterung der Bevölkerung zu verhindern.
Es gibt aktuell viele Beispiele der positiven und nachhaltigen Entwicklung im Inneren der Halbinsel, die dafür sorgen, dass immer mehr junge Menschen es wählen, im ruralen Landesinneren zu bleiben. Die oben erwähnten Winzer und Olivenölproduzenten sind mittlerweile gut etabliert und leiten gerade die nächste Stufe der nachhaltigen Entwicklung des Inneren der Halbinsel ein. Dies geschieht mit eigenen Finanzmitteln, mit EU-Fördermitteln und in Partnerschaften mit ausländischen Investoren.
Rund und 200 Millionen Kuna (ca. 26,7 Millionen Euro) werden dieses Jahr in Boutique und Weinhotel-Projekte wie das Roxanich Heritage Wine Hotel in Motovun, das Cattunar Weinhotel in Nova Vas, ein kleines Resort der San Servolo Craft-Bier Brauerei in Buje. Die Olivenöl- und, neuerdings auch, Weinproduzenten Ipsa investieren gemeinsam mit österreichischen Partnern, der MF Gruppe aus Anif, in das neue Hotel Silvestar bei Oprtalj. Weitere Boutique Hotel Projekte sind das San Canzian in Donji Muzolini und die Stancija Baracije beim Kultwinzer Giorgio Clai in Brajki.
Den meisten der oben genannten Projekte ist gemein, dass bei ihnen brachliegender Landschaft, Ruinen und ungenutzten Gebäuden neues leben eingehaucht wird. So wird beim Roxanich Heritage Hotel in Motovun der alte Weinkeller der landwirtschaftlichen Genossenschaft genutzt werden. Beim Projekt von Clai und Partnern werden Ruinen komplett erneuert, usw. Renommierte Architekten und Designer sorgen bei der Projektierung von Neubauten dafür, dass diese sich harmonisch in die Landschaft einfügen. Jedes der neuen Projekte wird 10 bis 30 neue Arbeitsplätze schaffen.
Neben den Winzern und Olivenölproduzenten Zentralistriens, tragen auch kleine lokale Molkereien (z.B Lattus in Gornji Orbanici bei Zminj), die bekannten lokalen Trüffel-Unternehmer (Zigante, Karlic, Prodan,…) und Leute wie die Chiavalon Brüder (mit ihren neuen landwirtschaftlichen Projekten) zur Entwicklung der einstigen Sorgenregion Zentralistrien bei.
Im Windschatten der größeren Projekte starten zahlreiche lokale Klein- und Kleinstunternehmer ihre Projekte (Reiterhöfe, Fahrradverleiher, Zip-Lines, Kleinhandwerker). Besucher der Region können sich auf das vielfältige, nachhaltige und qualitativ hochwertige Angebot an lokalen Produkten, Unterkünften und Dienstleistungen freuen. Im Wissen gutes für sich und für die Region zu tun.
Wir hoffen, dass die gegenwärtige Entwicklung die im Inneren Istren zu beobachten ist, wegweisend und impulsgebend auf die Entwicklung anderer ruraler Gebiete in Kroatien (Slawonien, Baranja, Gorski kotar, Lika, usw.) wirken wird.