Am Dienstag den 12. August 2014 um 20 Uhr eröffnet im Geschichts- und Schiffahrtsmuseum Istriens (PPMI) die Ausstellung Baron Gautsch – das erste Opfer des Ersten Weltkriegs in Istrien (1914-2014). Die Kustodin der Schifffahrt und Schiffsbau Sammlung des Museums Katarina Pocedić und das Team des Museums stellen auf der Ausstellung die Geschichte des Passagierdampfers des Österreichischen Lloyd Baron Gautsch vor. Das Schiff sank zu Beginn des Ersten Weltkriegs 7 Seemeilen von den Brioni Inseln. Hunderte kamen beim Untergang ums Leben. Der Text über die letzte Fahrt des Schiffs und die Illustrationen sind Teil des Katalogs der Ausstellung.
Mit der Vorstellung dieses Museums-und Archivmaterials erinnert das Povijesni i pomorski muzej Istre – Museo storico e navale dell’ Istria (Geschichts- und Schifffahrtsmuseum Istriens) an ein zu Unrecht in Vergessenheit geratenes, aber nichtsdestotrotz bedeutendes Ereignis unserer Geschichte zu Anfang des Ersten Weltkriegs. Des Weiteren wird der Öffentlichkeit ein Einblick in einen Teil des reichhaltigen Fundus des Museums ermöglicht. Bei der Ausstellung werden unter anderem auch auf Deutsch gelesene Zeugenberichte von Überlebenden zu hören sein.
Die letzte Fahrt der Baron Gautsch
Mit dem Kriegseintritt der österreichisch-ungarischen Monarchie gegen Serbien und Montenegro wird die Bucht von Kotor zum Kriegsgebiet. Ziel der ersten Angriffe wurde die montenegrinische Grenze oberhalb der Stadt Kotor. Die Kriegsschiffe der Donaumonarchie eröffneten das Feuer auf montenegrinische Stützpunkte um die Grenze. Ob dieser Umstände, unternahm die Zivil- und Militärregierung erste Maßnahmen zur Verstärkung, aber auch zur Evakuierung von Staatsbeamten und deren Familienangehörigen, in gefährdeteren Gebieten auch der zivilen Bevölkerung. Beginnend im Sommer 1914, erfolgte die Evakuierung mit der Bahn und mit Passagierdampfern. Die Schiffe bekamen Liaison Offiziere und änderten ihre gewohnten Routen. Vom Kriegsbeginn am 28.Juli bis zum 11. August 1914 erfüllte auch der Passagierdampfer des Österreichischen Lloyd Baron Gautsch diesen Auftrag. Während der vier Fahrten in dieser Funktion, beförderte das Schiff 2.855 Soldaten und Zivilisten über 1.810 Seemeilen.
Die Kräfte Österreich-Ungarns bereiteten sich intensiv auf den Krieg vor. Aus diesem Anlass, wurde am 11. August 1914 in Triest ein treffen abgehalten bei dem die Kommandohabenden der Schiffe informiert wurden dass Minenfelder um die istrische Halbinsel gelegt wurden um Pula, den Hauptkriegshafen der Monarchie, vor möglichen Angriffen der feindlichen Marine zu schützen. Dem Treffen wohnte, stellvertretend für Kapitän Paul Winter, der Zweite Deckoffizier Giuseppe Tenze bei. Ihm wurden Anweisungen gegeben den Kurs anzupassen um die Minenfelder zu umfahren. Tenze berichtete an den Kapitän, wonach der Erste Deckoffizier Josef Luppis den neuen Kurs in Richtung Kotor notierte. Am selben Tag legte das Schiff von Triest zu seiner letzten Fahrt gen Süden ab.
Schriftliche Beweise über die Minenfelder verbat die Regierung wegen Geheimhaltung, die Offiziere erhielten auch während der Fahrt nach Kotor mehrmals Anweisungen über die Kursänderung. Das Schiff erreichte Kotor zur nach Fahrplan üblichen Zeit. Am Mittwoch, dem 12. August 1914 lief die Baron Gautsch aus Kotor in Richtung Triest aus. Nach regelmassigem Fahrplan in Richtung Norden, lud das Schiff auf der Linie Herceg Novi – Dubrovnik – Split Passagiere, Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina, Soldaten und Familienangehörige des Militärpersonals, die in Panik, ihre Wertsachen mit sich führend, ins sichere Gebiet flüchteten. Im weiteren Verlauf der Fahrt bekam Kapitän Paul Winter vom Kommandanten des Hafens in Zadar, Giovanni Gelletich, die letzten Anweisungen bezüglich der Schifffahrt im Gebiet der Minenfelder an der Ost- und Westküste Istriens. Er wurde auf die Fahrt 15 Meilen von der Küste angewiesen. Nach Erhalt der Anweisung, setzte das Schiff die Fahrt in Richtung Mali Lošinj fort. Wegen einer Änderung der Route, legte die Baron Gautsch nicht wie gewohnt am Mol Orsini (heute Vela riva) an, sondern etwas weiter. Hier bordeten zumeist die Gemahlinnen und Kinder der Offiziere Österreich-Ungarns, die vom Urlaub zurückkehrten, das Schiff. Nach der Zeugenaussage einer Überlebenden Passagierin, des damals neunjährigen Mädchens Carmen Suttora, lief das Schiff um die Mittagszeit von Lošinj aus und war voller Menschen.
Beim Ablegen war das Schiff bereits eine Stunde in Verspätung und Kapitän Winter befahl dem Zweiten Maschinenoffizier Giuseppe Jaklitsch auf maximale Umdrehungszahl zu gehen, bzw. Höchstgeschwindigkeit zu fahren, um Zeit nachzuholen. Er überlies das Kommando auf der Brücke dem Ersten Deckoffizier Josef Luppis und zog sich in die Kabine zurück.
Nach weniger als zwei Stunden, kurz vor 14 Uhr, früher als gewohnt, gab Luppis, ohne Erlaubnis des Kapitäns, das Kommando an den Zweiten Deckoffizier Giovanni Tenze, um mit angesehenen Fahrgästen zu Mittag zu essen. Zu dieser Zeit passierte das Schiff den südlichsten Punkt Istriens – das Cap Kamenjak. Wegen der zu hohen Anzahl an Passagieren, legte das Schiff nicht in Pula an, sondern fuhr volle Kraft voraus in Richtung Triest, wo es bis 18 Uhr ankommen sollte. Das Wetter war sonnig, die See ruhig, ideal für die Schifffahrt. Trotz der Anweisungen der Militär- und Schifffahrtautoritäten 15 Seemeilen von der Küste entfernt zu bleiben, fuhr die Baron Gautsch viel näher zur Küste. In Gegenrichtung, aber ganze drei Seemeilen westlicher vom Kurs der Baron, traf man auf den Passagierdampfer Prinz Hohenlohe der gen Süden fuhr. Zur selben Zeit, unweit der Brijuni Inseln, legte der Minenleger S. M. S. Basilisk vom offenem Meer in Richtung Küste den ersten von zehn „Strahlen“ eines fächerförmigen Minenfeldes, als es die Baron sah wie sie mit Höchstgeschwindigkeit ins Minenfeld fuhr. Es war das letzte Mal dass die Baron Gautsch in Fahrt gesehen wurde.
Nach Zeugenaussage des Matrosen Rudolf Adamec, signalisierte der Minenleger mit Flaggen und feuerte leere Kanonenschüsse, aber vom Schiff gab es keinerlei Reaktion. Die Baron Gautsch fuhr etwa drei Seemeilen hinter dem Heck der Basilisk gegen 14:45 Uhr, sechs Seemeilen südwestlich des Leuchtturms Sv. Ivan na Pučini, nahe Rovinj, und traf auf die Mine Nr. 1236, eine der letzten des nördlichen Minenfelds. Nach Augenzeugenberichten der Überlebenden, hörte man eine laute Explosion und sah eine Wassersäule sich emporheben. Kurz danach folgte eine weitere Explosion, es explodierte einer der Dampfkessel. Panik breitete sich an Bord aus. Es gab kein organisiertes Verlassen des Schiffs. Besatzung und Passagiere griffen unkontrolliert zu Rettungswesten und sprangen von Deck. Nur ein Rettungsboot wurde erfolgreich zu Wasser gelassen. Die Meeresoberfläche war voll abgebrochener Schiffsteile, es entstand ein riesiger schwarzer Ölfleck. Die Baron Gautsch sank binnen nur sieben Minuten.
Ein Motorboot vom Minenleger S. M. S. Basilisk, erreichte als erstes die Unglücksstelle, danach folgte aus Rovinj die Flotte des Zerstörers S. M. Tfzg. Csepel, Balaton, Velebit, sowie das Torpedoboot S. M. S. Triglav. Kapitän Janko Vuković Podkapelski führte die Rettungsaktion an. Das Dampfschiff Brioni rettete die Überlebenden aus dem Rettungsboot. Die anderen Schiffbrüchigen wurden am selben Tag mit Kriegsschiffen nach Pula gebracht.
Nach einer Liste der Zeitung Polaer Tagblatt vom 14. August 1914, gab es 168 Überlebende; während das Triester Blatt L’illuustrazione popolare vom 21. August desselben Jahres von 176 Überlebenden spricht. Die einzige gesicherte Angabe über die Anzahl der Opfer ist 58. Diese wurden zwei Tage nach dem Unglück auf dem Stadtfriedhof in Pula beigesetzt, ihre Namen befinden sich auch im Buch der Beerdigungen des Friedhofs. Die Körper vieler Opfer wurden nie gefunden. Wenn man die Kapazität des Schiffs und die Gerichtsakten der folgenden Jahre bedenkt, so muss die Anzahl der Opfer viel höher gewesen sein.
Viele Überlebende wurden ins Marinehospital nach Pula gebracht, die unversehrten sollten per Schiff nach Triest und auf Landweg weiter zu ihren Reisezielen gebracht werden. Die Verwaltung des Österreichischen Lloyd befahl dem Passagierdampfer Graf Wurmbrand telegrafisch, die Schiffbrüchigen in Pula bei der Rückfahrt aus Dalmatien zu übernehmen und nach Triest zu bringen, die Nachricht kam jedoch zu spät und die Befehlshabenden empfingen sie nicht vor Antritt der Rückfahrt. Zwölf Überlebende kamen mit dem Schiff Adriana der Reederei Istria – Trieste nach Triest, die Mehrheit wurde auf Landweg befördert.
Die Tragödie der Baron Gautsch wurde für die Öffentlichkeit vertuscht. Die Tageszeitungen wurden zum Teil zensiert weil die Regierung der Monarchie es vermeiden wollte eigenes Verschulden zuzugeben. Trotzdem, die Nachricht über den Untergang und die überlebenden Passagiere wurde, mit einigen Tagen Verspätung von den Triester Blättern Il piccolo und L’illustrazione popolare; dem Polaer Tagblatt aus Pula; Naša sloga und Riečki Novi list aus Rijeka und den dalmatinischen Zeitungen Narodni List, Dan, Naše Jedinstvo und Smotra Dalmatinska gedruckt.
Das Schicksal des schönsten Passagierdampfers wurde zur Quelle einer Vielzahl an Widersprüchlichkeiten und feuerte damit das Interesse an der Durchleuchtung des tragischen Geschehens bei vielen Historikern und Liebhabern des Erbes der Schifffahrt.
Tauchen am Wrack des Dampfers ist in Organisation von zugelassenen lokalen Tauchzentren möglich.